Alle Körper können tanzen!

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Obwohl meine Eltern weder mit der einen noch mit der anderen Sportart sympathisierten, hatte ich als Kind zwei Wünsche: Reiten oder Ballett tanzen.

Ich weiß nicht genau, woher meine Faszination für diese beiden klischeebehafteten Mädchensportarten kam, aber irgendwie war sie da. Meine Eltern fanden beides furchtbar, aber nachdem ich mich mit Freundinnen zusammengetan hatte, durfte ich mit dem Reiten beginnen. War das mein Glück? Oder habe ich viel verpasst? Nun, vermutlich ist an beidem etwas dran. Fest steht jedenfalls: Im Rückblick bin ich nicht traurig, in keine klassische Ballettschule gegangen zu sein. Denn das endet für viele Mädchen ziemlich unerfreulich.

TANZ IM LADEN-Bloggerin Sophie ist heute ganz froh, dass ihre Eltern ihr keine Ballettstunden erlaubten

Ich erinnere mich an eine Klassenkameradin, die mit viel Freude klassisches Ballett tanzte – so lange, bis ihre Ballettlehrerin ihr nahe legte, doch mal ein paar Kilo abzunehmen. Da war sie ungefähr 14 Jahre alt. Hinzu kam der größer werdende Druck, die Belastung durch den Spitzentanz, das immer mehr, immer höher, immer weiter. Und wir sprechen hier von einer Wald-und-Wiesen-Ballettschule irgendwo in einer mittelgroßen Ruhrgebietsstadt!

Skandal an der Ballettakademie der Wiener Staatsoper

Wie es an den größeren Schulen aussieht, kann man immer mal wieder erahnen, wenn es einen neuen Skandal gibt. So wie letzten Monat, als herauskam, dass eine Ballettlehrerin der Wiener Staatsoper recht systematisch Kinder und Jugendliche, ihre eigentlichen Schützlinge, über Jahre hinweg schikaniert haben soll. “Kinder seien dort Opfer autoritärer, gewalttätiger und gefährlicher Unterrichtsmethoden geworden”, zitiert der Österreische Standard eine Lehrerin der Ballettakademie.

Und zum grundsätzlichen Umgang mit den minderjährigen Ballettschülerinnen heißt es: “Die notfallmedizinische Behandlung nach Unfällen sei mangelhaft, psychologische und ernährungswissenschaftliche Beratung für die Kinder entgegen internationalen Standards praktisch nicht vorhanden. Schülerinnen seien hingegen geradezu in die Bulimie oder Anorexie getrieben worden.”

Ist Ballett “eben so”?

Warum all das so lange geschehen konnte und nichts passierte? Und warum nun so getan wird, als sei das ganze Problem mit der Entlassung dieser einen “bösen” Ballettlehrerin gelöst, die offenbar im Fokus der Vorwürfe steht? Tja, hier sind wir wohl an einem Punkt, der die großen, professionellen Ballettschulen mit den Wald-und-Wiesen-Schulen verbindet: Sie alle wollen “das Beste” aus ihren, meist weiblichen, Schülerinnen herausholen. Ballett wird noch allzuoft mit der totalen Aufopferung gleichgesetzt. Wenn du dich nicht quälst, dann wirst du nichts erreichen.

Ich selbst bin auf den Skandal an der Wiener Ballettschule durch einen Post in einer Facebookgruppe aufmerksam geworden. In dieser Gruppe sammeln sich Tanzlehrerinnen und -lehrer, um sich zu allen möglichen Themen rund ums Tanzen auszutauschen. Unter dem entsprechenden Posting häuften sich sodann schnell die Stimmen: Das sei doch normal. Ballett sei eben so. Wer so was nicht abkönne, dürfe halt keinen klassischen Tanz betreiben.

Zählen “gute Ergebnisse” mehr als körperliche Unversehrtheit?

Ich, als relativer Tanz-Laie, frage mich da ernsthaft: Wie genau ist es dann möglich, dass in anderen Hochleistungssportarten unglaublich gute Leistungen abgeliefert werden – und zwar ganz ohne Anorexie, Bulimie, Beschimpfungen und Druckausübung? Klar, extreme Leistungen erfordern oft extreme Maßnahmen. Aber von Trainerinnen und Trainern, von Lehrern und Lehrerinnen erwarte ich, dass sie das Bestmögliche aus ihren Schüler*innen herausholen, und dabei trotzdem die Grenzen einer jeden Einzelnen wahren! Motivation statt Druck, Respekt statt “Du bist zu schlecht”.

Dieser Meinung ist auch die ehemalige Primaballerina Jolantha Seyfried, selbst bis 2010 Leiterin der Ballettschule an der Wiener Staatsoper. Sie widerspricht der Rechtfertigung der aktuellen Ballettschulleiterin Dominique Meyer, die angeklagte Ballettlehrerin habe “immer sehr gute Ergebnisse erzielt”. Seyfried sagte dazu: “Ich frage mich: Welche Ergebnisse? Dass die Kinder magersüchtig waren? Dass sie ganz jung irre Sachen gemacht haben und sich nachher vielleicht verletzt haben? Ich frage mich, welche Ergebnisse da gestimmt haben.”

Je dünner, je besser?

Insbesondere dieser krasse Zusammenhang zwischen Essstörungen und Ballett sollte meiner Meinung nach mal ganz stark thematisiert werden. Gesund essen, klar, das ist für jede Leistungssportlerin ein Thema. Aber kaum eine Sportart wird so stark mit dünnen, ja manchmal geradezu ausgezehrt wirkenden Körpern, assoziiert, wie Ballett. Je dünner, je besser, diesen Eindruck kann man leicht gewinnen, wenn man sich unter Balletttänzerinnen umschaut. Mich macht das sehr nachdenklich, denn ich bemühe mich stark, meiner eigenen Tochter ein anderes Verständnis für ihren Körper zu vermitteln. Und ich wünsche mir, dabei auch von Sporttrainerinnen und -lehrerinnen unterstützt zu werden.

Dass wir im Tanz davon leider noch sehr weit entfernt sind, zeigt auch eine Anekdote, von der TANZ IM LADEN Gründerin und Studioleiterin Melanie zu berichten weiß: Sie erzählte mir von einer Aufnahmeprüfung an einer Tanzschule in Hamburg, bei der sie sich um eine Ausbildung zur Tanzpädagogin beworben hatte. “Du hast Talent”, hieß es am Ende. “Aber dein Körper passt hier nicht richtig rein. Ich meine, was bist du denn für ein Vorbild für die Kinder…?”. Ihr ahnt es: Melanie hatte auch damals nicht die Maßen einer Balletttänzerin. Aber, zum Teufel, was für eine Rolle spielt das schon?

Alle Körper können tanzen!

Ich wünsche mir noch viele tausend Melanies, die einen Körper haben, der toll tanzen kann, der wunderbar funktioniert und der aussieht, wie er eben aussieht. Melanie vermittelt ihren kleinen und größeren Tanzschülerinnen vor allem eines: Dein Körper ist toll, wie er eben ist. Du kannst ihn benutzen, um dich damit auszudrücken, du kannst ihn trainieren, damit er sich geschmeidiger, schneller, ästhetischer bewegt, aber am Ende musst du seinen Wert immer schätzen.

Ich wünsche mir auch noch mehr Choreografinnen wie Sasha Waltz oder Anne Theresa de Keersmaeker, von denen ich bereits Stücke gesehen habe, in denen Tänzerinnen und Tänzer mit den unterschiedlichsten Körpern stattfanden. Während eines Praktikums im Büro von Sasha Waltz habe ich mitbekommen, wie Tänzerinnen aus der Elternzeit zurückkamen, mit Körpern, die alle Veränderungen der Mutterschaft mit sich brachten. Respekt vor diesen Veränderungen und die Geduld, damit umzugehen – das habe ich als eine wichtige Säule der Compagnie Sasha Waltz kennengelernt.

Respekt vor den menschlichen Körpern allgemein – das würde man auch so mancher Ballettschule wünschen. Hinter jedem bis an die absoluten Grenzen der Leistungsfähigkeit gedrillten Körper steckt nun mal ein einzelner Mensch. Ich hoffe sehr, dass es zukünftig nur noch Tanzschulen gibt, die genau das beachten.

Fühl dich wohl in deinem Körper – mit unseren Kursen

Bei TANZ IM LADEN verfolgen wir ein wichtiges Ziel: Wir wollen, dass ihr auch durch unsere Kurse lernt, euch wohl in euren eigenen Körpern zu fühlen. Mit Tanz, Bewegung, Entspannung und Achtsamkeit könnt ihr viel für euch selbst tun und euren Körper in einen Zustand bringen, in dem ihr euch einfach wohl mit ihm fühlt.

Weil das für manche leichter und für manche schwerer ist, haben wir auch besondere Kurse wie unser Angebot beYOUtiful movement im Programm. Darin soll es z.B. darum gehen, jeden Körper genau so zu nehmen, wie er ist. Er ist für alle, die sich danach sehnen, sich zu bewegen und etwas für den eigenen Körper zu tun, die sich aber (noch) nicht bereit für reguläre Kurse wie Pilates, Yoga oder Tanz fühlen.

Wenn ihr eine Alternative zum klassischen Ballett für eure Kinder sucht, dann schaut euch mal bei unseren Kursen für Kinder und Jugendliche um. Zum Kreativen KinderTanz bei TANZ IM LADEN gibt es hier auch bereits einen Blogartikel.

Welche Kurse wir aktuell anbieten, seht ihr in unserem Kursplan! Und dann fragt gerne eine Probestunde für Erwachsene oder für Kinder an.

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